Die DNA des DSO

Eine Spurensuche

Das Wesen eines Orchesters ist etwas, das oft mit einer DNA verglichen wird. Zu Recht – schließlich ist es »ererbt« von den Gründervätern und verändert sich im Laufe der Generationen. Man ist geneigt, diese DNA im Klang eines Ensembles zu suchen. Anders als das biologische Genom kann dieser individuelle Sound aber nicht entschlüsselt werden. Der Klang, das Wesen, der Charakter – wie man es auch benennt, eine Essenz wird immer weiter übertragen, subkutan, wenn neue Musikerinnen und Musiker hinzukommen.

»Normalerweise ist es so, dass das Alter eines Orchesters eine Qualität mit sich bringt, die unruinierbar ist«, sagt der Musikkritiker Kai Luehrs­-Kaiser. »Es ist mysteriös, aus heutiger Sicht schier unglaublich, wie das damalige RIAS-Symphonie-­Orchester von Anfang an so viele gute Musiker versammeln konnte.« Vielleicht aber auch nicht – schließlich gründete sich 1946 ein Orchester durch den Rundfunk im amerikanischen Sektor aus Musiker*innen, die nach vorn schauen, »Zukunftsmusik« machen, neueste Werke aufführen wollten. Der Wunsch nach Freiheit (auch in der Kunst) und die Freude am Entdecken lockten damals viele von ihnen aus festen Engagements, etwa in der Ostberliner Staatskapelle, in den Westen der Stadt.

Ferenc Fricsay bei Aufnahmen. Foto: Archiv DSO
Ferenc Fricsay bei Aufnahmen mit dem DSO in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem. Foto: Archiv DSO

Das DSO hat den hellsten Orchesterklang von Berlin, davon ist Luehrs­-Kaiser überzeugt, überhaupt den hellsten Klang, der ihm vorgekommen sei. Der schon zu Zeiten des ersten Chefdirigenten Ferenc Fricsay gerühmte Blechbläserklang sorgte von Anfang an für Fokussierung. »Das war wichtig, weil er ein Dirigent war, der mit Handkantenschlag operierte – im guten Sinne.« Das Blech sei für Fricsay ein Instrument gewesen, um Konturen zu schärfen, was fantastisch funktionierte, wie man auf zahlreichen frühen Rundfunkmitschnitten nachhören könne. »Umso bemerkenswerter ist diese Helligkeit, weil lange Zeit nicht die Ersten Geigen die maßgebliche Fraktion des Orchesters waren. Insofern stellt sich die Frage, wie kriegen die das überhaupt hin?«, sinniert der Musikkritiker und antwortet im gleichen Augenblick selbst. Das liege in der Gründungsidee des Orchesters beschlossen! Wenn man vor allem neue Musik aufführen solle, dann müsse man transparent klingen – und Transparenz erreiche man nur durch Helligkeit. Ein überlebenswichtiger Faktor, der sich bis heute erhalten habe. »Zumindest war es so bis zu Naganos Zeiten, der dann sehr am Streicherklang arbeitete. Unter der Leitung Sokhievs ist der Klang sicher stärker dynamisiert und unter Ticciati ›erwärmt‹ worden – nicht, wie man Grünkohl noch einmal aufwärmt, sondern Ticciati hat, so empfinde ich es, ein sehr warmes Klangideal. Von den Holzbläsern herkommend, aber auf das ganze Orchester übertragen, hat er die Grundtemperatur des Klanges erhöht. Das ist eine wichtige Entwicklung, zumal ein heller Orchesterklang tendenziell kühl wirkt.«

Transparent und klar

Zu seiner Philosophie bei der Arbeit mit dem DSO gehöre es, erklärt Robin Ticciati selbst, die Orchestermitglieder zu befähigen, zu Kammermusikern zu werden, während sie in großer Besetzung spielen. »Das erfordert eine hohe Aufmerksamkeit beim Zuhören und eine Transparenz beim Spielen, die zuweilen großzügig sein muss. Damit die andere Person durchkommt, muss man die eigene Stimme zurücknehmen. Daraus entsteht eine neue Dimension von Schönheit, Körperlichkeit und einem ›dolce espressivo‹. Musik bedeutet, vertikal zu denken, sie entsteht im Augenblick, aber für mich muss sie auch horizontal sein. Ich beschreibe das dem Orchester als gesangliche Linie, und daraus entsteht diese Wärme.«

Ingo Metzmacher war nur für drei Jahre Chefdirigent. Vielleicht zu kurz, um den Klang nachhaltig zu beeinflussen – wenn man dies überhaupt beabsichtigt. Metzmacher findet die Struktur der Musik spannender als einen bestimmten Klang. »Durchsichtigkeit und Klarheit interessieren mich. Die Franzosen haben das schöne Wort ›clarté‹, das nicht nur Klarheit bedeutet, sondern auch Deutlichkeit und Anschaulichkeit. Der Mischklang interessiert mich weniger. Ich möchte zeigen, wie die Musik, das jeweilige Stück funktioniert.« In den von ihm initiierten Casual Concerts führt der Dirigent dem Publikum genau das vor. Viele klangliche Parameter sind in einer Komposition genau festgelegt, andere bedürfen einer Idee der Musizierenden – und für diese Idee muss argumentiert werden. »Das DSO ist ein sehr eigenwilliges Orchester, kein abwartendes. Das finde ich gut! Es bringt sehr viel ein an Initiative, an Meinung und natürlich auch an individuellem Können. Im DSO habe ich immer das Gefühl: Die wollen überzeugt werden, die nehmen nicht automatisch für bare Münze, was der Dirigent sagt. Und wenn sie dann überzeugt sind, dann sind die Musikerinnen und Musiker zu außergewöhnlichen Leistungen fähig.«

Saisonabschlusskonzert 2021 mit Tugan Sokhiev in der Philharmonie. Foto: Kai Bienert
Tugan Sokhiev. Foto: Kai Bienert

»Sie wagen es zu träumen, und das macht sie so besonders.«

Tugan Sokhiev, Chefdirigent 2012–2016

Auch Metzmachers Nachfolger Tugan Sokhiev hat das DSO als einen Organismus erlebt, der sich aus einer Vielzahl spannender, individueller Persönlichkeiten zusammensetzt. »Sie sind mutig, haben keine Angst davor, spontan zu sein oder ums Eck zu denken, keine Angst vor neuen Ideen, neuen Blickwinkeln oder neuer Musik. Sie wagen es zu träumen, und das macht sie so besonders.« Vier Jahre hat Sokhiev das Orchester geleitet, mit ihm Streifzüge durch unbekanntes Repertoire aus Frankreich und Osteuropa unternommen. Der Klang spielte für ihn dabei eine besondere Rolle, genauer: seine Beschaffenheit, sein Timbre. »Ich bin in einem Werk immer auf der Suche nach neuen Klangfarben, die man auf den ersten Blick nicht erwarten würde, und versuche, dabei über den Tellerrand zu blicken und Neues auszuprobieren. Das DSO war begeistert dabei, diese neuen Klangfarben mit mir zu erkunden, egal ob bei Strawinsky, Prokofjew, Brahms oder Martinů, das fand ich sehr aufregend.« Lebendigkeit und Präzision, verbunden mit Wärme und kreativen Klangvorstellungen – das kennzeichnet für Sokhiev den Charakter des Orchester und macht ihn unverwechselbar.

Präsize und farbkräftig

Präzision assoziiert auch Aribert Reimann mit dem DSO. Der Komponist hat das Orchester mehr oder weniger von Anfang an erlebt. Besonders gut erinnert er sich an eine Aufführung von Strawinskys ›Le sacre du printemps‹ unter der Leitung von Ferenc Fricsay, 1954, da war er 18 Jahre alt und ging noch zur Schule. »Ich habe damals viele Konzerte besucht, und im Vergleich zu anderen fiel mir nicht nur damals diese unglaubliche Präzision auf. Kein verwaschener Klang, sondern die Präzision eines Orchesters, in dem jedes Mitglied seine Berechtigung hat. Gerade auch in der Durcharbeitung der Strukturen, der Partituren, man hörte ALLES. Ich würde es als ein Kennzeichen des Orchesters bezeichnen, dass jeder Einzelne zu dieser Klangstruktur beiträgt, ohne sich unterzuordnen, zudem ist der Gruppenklang immer sehr präsent.« Auch die eigene Zusammenarbeit mit dem DSO hat der Komponist als »wahnsinnig aufregend« empfunden. »Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt bei allen Aufführungen mit diesem Orchester. Das fing schon 1960 an, mit den ›Liedern auf der Flucht‹.« Zahlreiche Werke des Komponisten hat das DSO in den vergangenen sechs Jahrzehnten zur Aufführung gebracht, einige davon uraufgeführt, zuletzt die ›Fragments de Rilke‹ im Jahr 2019. Die Offenheit des Orchesters allem Neuen gegenüber lässt Reimann beim Schreiben oft denken: »Also, für das DSO wird das gar kein Problem sein …« Fragt man ihn nach einer visuellen Beschreibung für den Klang des Orchesters, fällt ihm der Blick durch Glas ein – nicht Milchglas, sondern eher kunstvoll geschliffenes Kristall, das man gegen das Licht hält. »Wenn man dann wahnsinnig viele, sehr deutliche Dinge und Farben sieht, dann fühle ich mich dem Orchester ganz nah.«

Der Klang eines Orchesters könnte auch als Architektur gedacht werden. Vielgestaltig, wie ein abstraktes Gebäude, dem immer neue Flure, aber auch Türen und Fenster in die Welt hinzugefügt werden. Das Fundament ist dabei eine verlässliche Basis, aber jederzeit veränderbar, um es noch stabiler zu machen. Manche Musiker*innen besitzen besondere Schlüssel zu Räumen, die ein bestimmter Komponist oder eine Dirigentin mit seiner, beziehungsweise ihrer Arbeit angebaut hat, weil sie selbst dabei waren, bei einem Konzert oder einer Aufnahme. Da aber immer das ganze Haus von Musik durchströmt ist, haben auch jüngere Orchestermitglieder Zugang zu jedem Winkel des Hauses.

Aufgeschlossen und flexibel

Sir Roger Norrington. Foto: Manfred Esser
Sir Roger Norrington. Foto: Manfred Esser

Sir Roger Norrington ist dem DSO seit 1995 als Gastdirigent verbunden. Was der Experte für historisch informierte Aufführungspraxis oft von Orchestern verlangt, ist ein vibratoloser »pure tone«. »Ein reiner Klang, ohne das ganze Gewaber drumherum«, scherzt er gern. Und den liefere ihm das DSO mühelos und unglaublich schön. Als er das zum ersten Mal ausprobierte, habe es sofort »Bing!« gemacht und er habe mit den Musiker*innen auf einer Wellenlänge gelegen. »Die Aufgeschlossenheit, das Können und der Mut des Orchesters, Neues auszuprobieren und mir als Dirigenten zu vertrauen, sind wunderbare Eigenschaften!« Auch die Flexibilität in der Sitzordnung hebt er hervor, ein Aspekt, den das Orchester seit seiner Gründung pflegt. In Zeiten der Globalisierung der Kulturwelt mache eher dieses Gesamtpaket den Charakter eines Orchesters aus als ein spezifischer Klang, meint Norrington.

»Die Aufgeschlossenheit, das Können und der Mut des Orchesters, Neues auszu­pro­bie­ren und mir als Dirigenten zu vertrauen, sind wunderbare Eigenschaften!«

Sir Roger Norrington

Kent Nagano, langjähriger Künstlerischer Leiter und heutiger Ehrendirigent des DSO, stimmt dieser Einschätzung zu. Gerade weil sich heute überall auf der Welt Orchester international zusammensetzen, sei man wieder auf der Suche nach Originalität, die auf menschlichem Kontakt und Erfahrung beruhe. Und die besitze das DSO zweifelsohne. Ein Grundwert des Orchesters sei schon bei seiner Gründung Freiheit gewesen. Sein Idiom reflektiere demokratische Ideen wie Gleichheit und Brüderlichkeit. Daraus entstehe für das Publikum ein ganz einzigartiger Eindruck. »Die Herkunft dieser Gedanken kann man ganz akademisch in Büchern nachlesen. Die Lebendigkeit der Sprache aber wird mündlich tradiert, von Person zu Person. So fließt sie durch die Zeit, kann man sagen. Das überdauert Moden und wird sogar körperlich überliefert, was zum Beispiel die Handtechnik der Streicher betrifft«, sagt Nagano. Darin stecke auch etwas Ästhetisches und sogar Spirituelles, denn die Erfahrung liege zwischen allen Begriffen, die wir dafür suchen können. »Es ist ›misterioso‹, aber es funktioniert! Und gleichzeitig wird das DSO durch diese Tradition nicht limitiert. Es orientiert sich an der Zukunft, einer spannungsgeladenen Art zu spielen und an Enthusiasmus.« Ein Teil des DSO sei auch in ihm, ist Nagano überzeugt. »Das Gefühl, gemeinsam für etwas in die gleiche Richtung zu gehen, ist etwas sehr Interessantes für die Kunst. Diesen Weg in der Musik zu finden, ist nicht immer leicht. Ich stelle mir dann konkret das DSO vor, das ist mein inneres Bild dafür.«

Offen und experimentierfreudig

Diese Idee von Freiheit und das gemeinsame Voranschreiten für die Kunst hat Kent Nagano mit dem DSO vielfach auf CD verewigt. Der Tonmeister Martin Sauer war als Aufnahmeleiter dabei, damals angestellt bei der französischen Schallplattenfirma Harmonia Mundi. »Ich habe wirklich schon mit vielen namhaften Orchestern aufgenommen. Wo andere sagten: ›Mia san mia‹, war das DSO genauso gut, hatte aber Bescheidenheit und Offenheit auch gegenüber den Mitmusizierenden, und gleichzeitig Freude daran, zu zeigen, wie gut es etwas spielen kann. Und eine hohe Disziplin – die es braucht, damit der Dirigent oder auch der Aufnahmeleiter zwischendurch etwas vorschlagen und zu allen durchdringen kann!« Bruckner, Mahler, Brahms – die Liste der Aufnahmen ist lang. »Der Höhepunkt war die Oper ›L’amour de loin‹ von Kaija Saariaho. Nach szenischen Aufführungen in Paris und Berlin hat sich das Orchester entschlossen, die Aufnahme bei uns im Teldex­-Studio in Berlin zu machen, mit dem groß besetzten DSO und dem Rundfunkchor Berlin, mit einkomponierten Surround­Effekten, die von hinten im Raum kommen mussten.« Der enorme Aufwand wurde später mit einem Grammy belohnt. »Eine offene und sehr, sehr experimentierfreudige Zeit mit dem DSO« hat Martin Sauer in Erinnerung.

Illustration ›Die DNA des DSO‹
Illustration: Stan Hema

Offenheit und Kooperationsbereitschaft ist auch eine der Qualitäten, die von Musikerinnen und Musikern erwartet wird, die neu ins Orchester kommen. Eva­-Christina Schönweiß ist Stimmführerin der Zweiten Violinen und war schon an vielen Auswahlverfahren beteiligt. »Die technischen Grundlagen müssen vorhanden sein, das ist klar. Im Probespiel verlangen wir, dass die Kandidat*innen verschiedene Stilepochen darbieten können. Aber dann hören wir doch nur einen kurzen Moment Musik und wissen noch nichts über die Person, lernen sie erst im Probejahr kennen. Vor allem ist ein Gespür dafür wichtig, wie man auf die Pultnachbar*innen eingeht oder sich in die Stimmgruppe einfügt, damit das gemeinsame Musizieren überhaupt stattfinden kann. Es gibt bei uns keine Geringschätzung, aus der man sich hocharbeiten muss, sondern jede*r ist sofort volles und selbständiges Mitglied des Orchesters.« Und alle im Orchester sind aufgeschlossen für neue Impulse, die neue Kolleginnen und Kollegen mitbringen – oder Solist*innen, die das DSO oft schon am Beginn ihrer Karriere kennenlernt.

Wild und klangprächtig

Nicht wenige von ihnen kommen später immer wieder. So etwa der Geiger Christian Tetzlaff, der 1984 in einem Konzert des Senders Freies Berlin mit Preisträgern des ARD­-Wettbewerbs seinen Einstand beim Orchester gab und eine Konstante im Charakter des DSO erkennt: »In diesem Orchester ist eine Wildheit, etwas, was ich immer sehr geschätzt habe, eine Wildheit, die in alle Richtungen geht. Ganz oft hat in den Proben jeder gesagt, was er denkt, und gespielt, was er fühlt. Damit haben sicher manche Dirigenten zu kämpfen. Ich habe es selbst erlebt, wenn vorn einer stand, der nicht dem entsprach, was die Musikerinnen und Musiker sich vorstellten, dann hat er ganz schön Gegenwind bekommen. Ich meine keine Abneigung, sondern so eine innere Energie, die, wenn etwas nicht passt, sehr spürbar wird.« Das gelte für Solist*innen genauso. »Aber ohne diese Wildheit ergibt das Musizieren überhaupt keinen Sinn – ohne das Gefühl, dass die Orchestermusiker dafür brennen, sich einzubringen. Im Klang spiegelt sich das etwa bei den Streichern wider, die extrem ausdrucksvoll, wenn nötig satt oder auch extrem in den Farben spielen. Ich habe seither mit allen Chefdirigenten, in vielen Kombinationen und auch auf Tourneen mit dem DSO gespielt und finde, dass die Entwicklung, die es gerade nimmt, traumhaft ist! Denn das Brennen ist auf der einen Seite erlaubt und willkommen, andererseits spüre ich, dass Robin Ticciati eine solche Liebe und Achtung entgegenströmt, dass diese Kraft so gebündelt werden kann, wie er sich das vorstellt – in einem Moment auch mal in das Gegenteil, wirklich leise und wirklich ohne Vibrato, in tausend verschiedenen Farben. Weil aber dies alles aus der Wildheit heraus entsteht, führt es nicht zur Selbstaufgabe oder wird blass. Sondern es schlägt sich in einer manchmal uferlosen Klangpracht nieder. Und das ist doch das Elixier!«

Robin Ticciati. Foto: Marco Borggreve
Robin Ticciati. Foto: Marco Borggreve

»Die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten des DSO offenbaren ihre Seele nahezu ungeschützt.«

Robin Ticciati, Chefdirigent seit 2017

Was ihn zuallererst für das DSO eingenommen habe, erzählt Robin Ticciati, sei die unglaubliche Sorgfalt für das Wesen der Komposition, »und noch viel mehr die Sensibilität der Musikerinnen und Musiker für den Anlass und den Ort eines jeden Projekts, durch das wir unsere Musik dem Publikum darbieten«. Das DSO wolle kommunizieren und auf der Bühne fühlen, warum es musiziert und für wen. Denn daraus schöpfe es seine Energie. »Wenn die Emotionen hochkochen und alles auf dem Spiel steht, dann sinkt das Energieniveau nicht, sondern das Orchester lädt seine Batterie auf. Deshalb hat das DSO so ein unglaubliches Potenzial für einen kraftvoll brandenden Klang! Und auf der anderen Seite ist da eine große Verletzlichkeit. Es ist viel interessanter, mit Musikerinnen und Musikern zu arbeiten, wenn sie keine schusssichere Weste tragen. Und die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten im DSO offenbaren ihre Seele nahezu ungeschützt. Das schafft etwas Magisches, das möglicherweise sogar einzigartig ist.«

JULIA KAISER

Julia Kaiser ist freie Autorin für Deutschlandfunk Kultur, Deutschlandfunk und andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. 2010 hat sie jungereporter.eu gegründet und gibt Workshops für junge Musikreporter*innen bei diversen Kammermusikreihen und Musikfestivals. Seit 2015 ist sie Dozentin für Musikvermittlung an der Hochschule für Musik Detmold.