30.01.1969

Jessye Norman

Jessye Norman 1969. Foto: Rias Berlin, lizenziert durch Deutschlandradio
Jessye Norman 1969. Foto: Rias Berlin, lizenziert durch Deutschlandradio

Dass bei ›RIAS stellt vor‹ nicht selten Weltkarrieren beginnen, hat die Reihe von Anfang an unter Beweis gestellt. So war es auch am 30. Januar 1969, als sich die 23-jährige US-amerikanische Sängerin Jessye Norman, die vier Monate vorher – gerade frisch von der Hochschule kommend – in München den Ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb gewonnen hatte, an der Seite des DSO dem Berliner Publikum vorstellte.

»In zwei großen Lamento liebender und verlassener Frauen aus Purcells ›Dido und Aeneas« und Mascagnis ›Cavalleria‹ zeigte sie die Ausdrucksbreite ihres Soprans«, urteilte damals der Tagesspiegel. »Die strömende Fülle und tragische Eindringlichkeit besonders ihrer Santuzza riss zu minutenlangen Beifallsstürmen hin.« Die Morgenpost orakelte, »es sollte uns nicht wundern, wenn Jessye Norman demnächst mit einer der großen Wagner-Partien Furore machte«, und hatte recht: Schon im Dezember gab sie mit der Elisabeth ihr ›Tannhäuser‹-Debüt, das in einen Vierjahresvertrag an der Deutschen Oper mündete.

Am 11. Mai 1970 war Jessye Norman als Solistin einer Rossini-Messe ein weiteres Mal an der Seite des Orchesters zu erleben, bevor sie die großen Opern- und Konzertbühnen eroberte und zum Weltstar wurde. Am 4. Juli 1998, 29 Jahre nach ihrem Berliner Debüt, kehrte die »Zauberin« (Tagesspiegel) unter der Leitung von Andrey Boreyko zum Orchester zurück, bei einem Konzert zum 50. Jahrestag der Luftbrücke. Diesmal mit amerikanischem Repertoire, Songs von Gershwin. »Die Hauptstädter«, berichtete der Tagesspiegel, »verwandelten die ehrwürdige Philharmonie in ein Tollhaus.«

Im September 2019 ist mit Jessye Norman, die sich intensiv auch für afroamerikanische, soziale und kulturelle Belange einsetzte, eine der größten Stimmen des 20. Jahrhunderts verstummt.

Eintrag von Jessye Norman in die DSO-Autogrammbücher von Heinrich Köhler, 30.01.1969. Foto: Archiv DSO
Eintrag von Jessye Norman in die DSO-Autogrammbücher von Heinrich Köhler, 30.01.1969. Foto: Archiv DSO