Im Berlin des Jahres 1989, so sagte der Jahrhundertmusiker Mstislaw Rostropowitsch einmal, »haben die beiden getrennten Hälften meines Lebens wieder zueinander gefunden«. Die eine Hälfte, das waren 47 Jahre in der Sowjetunion samt Studium in Moskau bei Prokofjew und Schostakowitsch und dem Beginn seiner Karriere. Die andere Hälfte, das war sein Exil im Westen, in den er 1974 nach einem politischen Zerwürfnis mit seiner Heimat übersiedelte. Der Fall der Berliner Mauer brachte diese beiden Leben für ihn wieder zusammen; am 11. November 1989 feierte er dies mit einem improvisierten Konzert mit Bachs Cello-Suiten am Checkpoint Charly.
Tumultöser Beifall
Bereits 1966 war Rostropowitsch zum ersten Mal beim DSO zu Gast und wurde beim Abschlusskonzert der Berliner Festwochen im Großen Sendesaal »stürmisch gefeiert« – für die Aufführung des wenige Jahre zuvor entdeckten C-Dur-Cellokonzerts von Haydn – mit Kadenzen von Benjamin Britten – und die Deutsche Erstaufführung des ihm gewidmeten Zweiten Cellokonzerts von Dmitri Schostakowitsch. »Der Beifall«, resümierte ›Der Kurier‹, »nahm zum guten Ende des Konzerts tumultöse Formen an«, und die Morgenpost pries das Musizieren des Cellisten als »das Schönste und Vollkommenste, was die Welt heute bieten kann«. Nach dem Konzert hinterließ er dem DSO (damals RSO) die nebenstehend abgebildete Widmung in den Autogrammbüchern, die der Cellist Heinrich Köhler für das Orchester führte.
Universalkünstler
Bei seinem nächsten Besuch, fast 20 Jahre später, kam Rostropowitsch ohne Instrument. Denn neben seiner Solistenkarriere – in der er zahllose, oft für ihn geschriebene Werke von Zeitgenossen wie Boulez, Britten, Dutilleux, Kabalewski, Prokofjew oder Schostakowitsch zur Uraufführung brachte – folgte er auch seinem ursprünglichen Berufswunsch des Dirigenten. Seit 1977 war er Chefdirigent des National Symphony Orchestra in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington, D.C. und stand im April 1985 erstmals am Pult des DSO – mit den Vierten Symphonien von Beethoven und Schostakowitsch. Im Rahmen der Jubiläumskonzerte zum 40. Geburtstag des RIAS sorgte er dann am 5. Mai 1986 als Cellist in Strauss ›Don Quixote‹ für Furore und dirigierte wenige Tage später an der Seite von Anne Sophie Mutter Brahm’s Violinkonzert und Auszüge aus Prokofjews ›Romeo und Julia‹.
Zum letzten Mal war Rostropowitsch schließlich am 20. Mai 1999 beim DSO mit einem ganz besonderen Programm zu Gast. Neben Prokofjews Fünfter leitete er die Uraufführung der ›Seligpreisungen‹ für Soli, Chor und Streichorchester, die ihm sein Schüler Alexander Knaifel gewidmet hatte. Sie sahen neben dem Dirigat für seinen bewunderten Lehrer auch noch Klavier- und Cellopartien vor. Eine Verbeugung vor einem Ausnahmekünstler.
Weitere Widmungen aus den Jahren 1985 und 1999:
Die Autogrammbände Heinrich Köhlers legen beredtes, prominent beschriebenes Zeugnis ab von den Menschen, mit denen das DSO seit 1953 zusammengearbeitet hat. Heinrich Köhler war Cellist, langjähriges Mitglied des DSO und auch nach seinem Ruhestand noch teilnehmender Chronist einer beeindruckenden Orchestergeschichte, die er über 56 Jahre hinweg dokumentierte. Seit 1953 hatte er Dirigenten und Komponisten, Solistinnen und Solisten gebeten, sich in seinen Büchern zu verewigen, meist nach den gemeinsamen Konzerten. Im Laufe der Zeit trug er so ein faszinierendes und einzigartiges Dokument der Berliner Musikgeschichte zusammen, in Hunderten von Autogrammen und persönlichen Widmungen. Dem Förderkreis des DSO ist es im Herbst